Logbuch-Eintrag #1: Die Pioneer One wächst

Das Redaktionsschiff der Media Pioneer wächst, der Zeitplan steht. Die Spezialisten der Lux-Werft in Niederkassel müssen viele Ideen auf wenig Raum umsetzen. Ein Ortsbesuch. Von Michael Bröcker

Auf der Pioneer One werden die Redakteure schon vom ersten Tag an unter Wasser sein. Ein paar Zentimeter jedenfalls. Der Boden des 82 Quadratmeter großen Newsrooms auf dem Hauptdeck wird knapp unter der Wasseroberfläche liegen. So viel konnten die Teammitglieder von Media Pioneer bei ihrem ersten Werftbesuch im rheinischen Mondorf sehen. Der Rumpf des Schiffes ist fertig, so dass Media-Pioneer-Gründer Gabor Steingart, Projektleiterin Chelsea Spieker und Geschäftsführer Ingo Rieper erstmals in den 40 Meter langen Stahlkörper hineinklettern konnten, um die Ausmaße ihrer künftigen Wirkungsstätte zu inspizieren. Erster Eindruck: “Die Pioneer One ist für uns das Expeditionsschiff in eine neue journalistische Zeit. Dieser Aufbruch ist schon jetzt spürbar”, sagt Gabor Steingart. 

Schiff ahoi: Die Teams von Media Pioneer und Lux-Werft im Rohbau der Pioneer One

Eine Routinesache ist das Schiff, das ab Mai 2020 auf der Spree im Regierungsviertel fahren soll, für die Schiffbauer der Lux-Werft nicht. “Wir haben schon 222 Schiffe gebaut. Passagierschiffe, Raddampfer und Autofähren, aber eine schwimmende Redaktion noch nie”, sagt Geschäftsführer Dr. Rainer Miebach. “Die Pioneer One ist für uns ein besonders reizvolles Projekt.” In der großen Montagehalle der Lux-Werft direkt am Rhein setzen die Techniker und Monteure der Werft die Vision eines schwimmenden Medienhauses in ein Schiff um. Die Anforderungen sind hoch: die Pioneer One muss als Heimat eines digitalen Journalismus ein technisches Multitalent sein, zugleich aber ein architektonisches Raumwunder. Denn auf den Gewässern der Hauptstadt können nur Tiefschwimmer fahren. “Die Brücken über der Spree erlauben nur eine maximale Höhe von vier Metern, viel Luft nach oben ist nicht”, erklärt Miebach. Flexibilität ist also gefragt. Das Hauptdeck, das tagsüber als Arbeitsplatz für rund 30 Journalisten genutzt werden soll, soll abends oder am Wochenende als Veranstaltungslocation die Gäste begeistern. 

Volle Kraft voraus: Lux-Chef Dr. Rainer Miebach und Media Pioneer-CEO Ingo Rieper

Zugelassen wird das Schiff für insgesamt 200 Personen, oben auf dem Sonnendeck dürfen zeitgleich 100 Personen den Blick auf Reichstag, Museumsinsel oder das Kanzleramt genießen. Mit absenkbaren Metallschirmen, einer Getränkestation und Tafel-ähnlichen Tischen soll das Freideck später als Freiluft-Bühne für Gesprächsformate der Redaktion und als Kulisse für Live-Übertragungen und Nachrichtensendungen dienen. Media-Pioneer-Projektleiterin Chelsea Spieker muss bis dahin zwischen einer Vielzahl von Experten vermitteln, damit das Schiff spätestens im April 2020 zu Wasser gelassen werden kann. Tontechniker, Reederei, Schiffsbauer und Telekommunikationsexperten mischen in dem Prozess mit, dazu kommen Genehmigungen, Behördengänge und Sicherheitsmaßnahmen. “Alle müssen buchstäblich auf einer Wellenlänge sein”, sagt Spieker. “Journalismus und Schifffahrt passen gut zusammen. Die Dynamik verbindet beide Welten.” Einen Lieblingsort hat sie auf dem Schiff auch schon: den Briefing-Room im Bug. Dort werden sich täglich die Redakteure zu ihren Konferenzen treffen, Briefing-Gespräche zwischen Experten und Clubmitgliedern sollen dort stattfinden. Und abends mutiert die Empore zum Rednerpult oder Talkshow-Studio. 

Land in Sicht: Media Pioneer-Projektleiterin Chelsea Spieker hat alle Gewerke im Griff (links: Lichtdesigner Michael Horst, mitte: Innenarchitekt Lars Hildebrandt)

Bis zur Fertigstellung des Schiffes werden laut Werft rund 70 Architekten, Maler, Techniker, Elektriker und Monteure mit dem Bau des Schiffes beschäftigt sein. 16.000 Arbeitsstunden sind eingeplant, 70 Tonnen Stahl sollen verbaut, fünf Kilometer Kabel gezogen werden. Ein Medienschiff ist ja schließlich eine gigantische Kommunikationszentrale. Im Rumpf sind schon die doppelten Stahlkonstruktionen erkennbar, die das Tonstudio zu einer akustischen Festung machen, in dem kleinen Regieraum nebenan wird mit modernster Studiotechnik geplant. Dazu wird es im Hauptdeck Toiletten, ein separates VIP-Zimmer für Gäste, eine Küche und eine Bar geben. “Viele Ideen, wenig Raum”, fasst es Lars Hildebrandt, der für die Werft die Innenausstattung koordiniert, zusammen. “Die Raumaufteilung ist wie ein großes Puzzle, am Ende muss es passen.” Ein Beispiel: Die Batterie für den 170 Kilowatt starken Elektroantrieb (das Schiff wird in der Innenstadt CO2-frei fahren) und der Reserve-Motor werden nicht wie sonst üblich im Heck eingelassen, sondern unter dem Bug installiert.  Gleich drei Internetanbieter haben den Auftrag, für schnelles Netz an Bord zu sorgen, auch wenn die Pioneer One gerade unter den tiefen Mauern der Berliner Brücken fährt.

Alle an Bord: Die Media Pioneers besprechen Inneneinrichtung und Technik

Auch optisch will die Pioneer One Pionierarbeit leisten. Für das Lichtkonzept wurde der renommierte Düsseldorfer Lichtdesigner Michael Horst verpflichtet, der ebenfalls zum Werftbesuch nach Mondorf gekommen war.  “Wir wollen die Verbindung schaffen zwischen einer funktionalen Beleuchtung für die Redaktion und einer edlen Clubatmosphäre am Abend”, sagt er. Smarte, kabellose Lampen, wo gearbeitet wird. Opulentes Design, wo das ruhige Gespräch und das Wohlfühlen im Mittelpunkt steht. Eine Designlampe soll den Briefing-Room ausleuchten, Effektfeuer in den Fenstern erzeugen knisternde Kaminatmosphäre. An der Außenwand des Schiffes sollen Lichteffekte politische Botschaften senden können: Trauer, Gedenken oder einfach nur bunte Fröhlichkeit. Auf einem überdimensionalen LED-Laufband können die Passanten vom Ufer aus die Nachrichten des Tages verfolgen. Fazit: die Pioneer One wird zu sehen sein. 

Und – das Wichtigste – das Projekt Pioneer One ist im Zeitplan. “Wir liegen derzeit sogar ein wenig vor der Zeit”, sagt Werft-Chef Dr. Miebach.

Michael Bröcker

Leinen los: Chefredakteur Michael Bröcker mit Chelsea Spieker und Gabor Steingart

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Fotos: immoshots / Ralph Orange